Schwalbenheft. Mitteilungen der Ernst-Toller-Gesellschaft 03

nach zwei intensiven Jahren mit zahlreichen Veranstaltungen zum 20jährigen Bestehen unserer Gesellschaft, der Toller-Preisverleihung an Wolf Biermann und einer großen internationalen Konferenz in New York City brachte die weltweite Corona-Pandemie die Aktivitäten der ETG in diesem Jahr größtenteils zum Erliegen.

Wenngleich Veranstaltungen und Reisen kaum mehr möglich waren, blieben die Tollerianer*innen dennoch in regem Austausch. Ein Beispiel dafür ist das Interview mit dem US-amerikanischen Schriftsteller Richard Byrne, der sich in den letzten Jahren intensiv mit Toller und seinen Zeitgenoss*innen beschäftigte und mit Three Suitcases ein lesenswertes Stück über Toller, Ilse Herzfeld Klapper Burroughs und William Burroughs vorgelegt hat. Einen Auszug daraus finden Sie auf den Seiten 11 bis 14. 

Als Fundstück präsentieren wir Ihnen in dieser Nummer des Schwalbenhefts zwei bislang unpublizierte Briefe Tollers in verstellter Schrift aus den 1930er Jahren. Cornelia Naumann, die aufmerksamen Leser*innen des Schwalbenheftes als Autorin des Romans Der Abend kommt so schnell über Sarah Sonja Lerch bekannt ist, liefert in ihrer Besprechung der Lessie-Sachs-Ausgabe Das launische Gehirn neue Forschungsergebnisse über die Dichterin, Künstlerin und Protagonistin der Münchner Revolution von 1918/19. Weitere Rezensionen beschäftigen sich mit Christoph Kalkowskis Hörspielfassung von Masse Mensch, die u. a. auf der Longlist des Deutschen Hörbuchpreises 2020 in der Kategorie „Bestes Hörspiel“ stand, sowie mit einem Band über Dorothy Thompson und ihre Verbindungen mit den deutschen exilierten Autor*innen von Karina von Tippelskirch. Anstelle des Tätigkeits- und Veranstaltungsberichts finden Sie in diesem Heft einen kurzen Überblick über neue Toller-Übersetzungen.

In Eine Jugend in Deutschland berichtet Toller von einer Erkrankung 1918: „Am 9. November liege ich in Landsberg im Haus meiner Mutter mit schwerer Grippe. Während der Arzt mit bedenklicher Miene das steigende Fieber beobachtet, bringt die Schwester die Nachricht der Revolution“. Es ist bisher nicht belegt, aber wahrscheinlich, dass Toller an der „Spanischen Grippe“ erkrankt war, einer Pandemie, die oft mit der diesjährigen verglichen wurde. Der Vergleich mag in mancher Hinsicht hinken, doch er scheint insofern stimmig, als die Krankheit in eine Zeit der gesellschaftlichen Auf- und Umbrüche fiel. So kann Ernst Toller noch über 100 Jahre später ein Orientierungspunkt sein – oder, wie Richard Byrne es formuliert: „In diesem Moment können wir so viel von ihm lernen. Und das müssen wir. Deshalb erzählen wir die Geschichte wieder, damit sie in Erinnerung bleibt.“

Die Redaktion des Schwalbenhefts
(Michael Pilz, Veronika Schuchter, Irene Zanol)

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