Das Autorennetzwerk „Richtige Literatur im Falschen“ hat sich 2015 als loser Diskussionszusammenhang in Berlin gegründet. Im Zentrum der Debatten steht die Frage nach einer politisch-engagierten, realistischen Literatur heute. Viermal hat diese Tagung bislang bereits stattgefunden, zweimal in Berlin, einmal in Graz und einmal in Dortmund. Eine Besonderheit ist, dass dabei Autorinnen und Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen aufeinandertreffen, um von ihren jeweils verschiedenen Perspektiven aus die Themen zu betrachten.
Beim fünften Symposium der Reihe wird diesmal die Bedeutung von Literatur in der direkten politischen Auseinandersetzung beleuchtet – in Vergangenheit wie Gegenwart. Selten in der Geschichte haben sich so viele Schriftsteller und Künstler an einer Aufstandsbewegung beteiligt wie im April/Mai 1919 in München.
Autoren wie Ernst Toller, Erich Mühsam und Gustav Landauer waren Protagonisten der Bewegung. Auch Schriftsteller wie der Dramatiker Georg Kaiser, der Lyriker Alfred Wolfenstein sowie die (späteren) Romanciers Oskar Maria Graf und Ret Marut (alias B. Traven) nahmen lebhaften Anteil. Hatten sich bis dahin viele Schriftsteller*innen, zumeist bürgerlicher Herkunft (oft im monarchistischen Geist und mit wenigen sozialistisch orientierten Ausnahmen), fast sämtlich von der Kriegseuphorie mitreißen lassen, entstand nun ein neuer Schriftstellertypus, der des gegenwartsbezogenen und arbeiterbewegungsnahen politischen Schriftstellers. Nach einem Blick auf die Ereignisse während der Münchener Räterepublik und den Anteil der Autoren wird diskutiert, welche Bedeutung der Literatur in der Folge beizumessen war und ist: Somit soll auch die Zeit des Nationalsozialismus behandelt werden – mit Nazi-Autoren als Teil der staatlichen Propaganda und Exil-Autoren (Klaus und Thomas Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers u.v.m.) mit ihren Versuchen von außen, aufklärerisch zu wirken.
Auch soll ein Blick auf die politische Wirkung der Literatur und den (aufgewerteten) Stellenwert von Schriftstellerinnen und Schriftstellern in BRD und DDR geworfen werden, die im Zuge der Kalter-Kriegs-Auseinandersetzungen auch zur Untermauerung des eigenen Deutschland-Repräsentationsanspruches dienten. Im Zentrum der Debatte jedoch steht die Frage, wie heute Autorinnen und Autoren als politische Akteure in der aktuell sozial angespannten Situation sinnvolle Beiträge mit den ihnen eigenen Mitteln leisten können, um etwa der Bedrohung von rechts und den gesellschaftlichen Prekarisierungstendenzen entgegenzuwirken, die den Auftrieb der Rechten befördern. Gleichzeitig hat natürlich auch die Neue Rechte selbst die Literatur als ein Vehikel für ihre Ideen und Propaganda gefunden, auch dies wird beschrieben und analysiert. Um die Kerngruppe der Autorinnen und Autoren des Netzwerks „Richtige Literatur im Falschen“ zu unterstützen und der Diskussion ein wissenschaftliches Fundament zu liefern, werden auch zu diesem Symposium wieder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, die sich in den genannten Themenfeldern profiliert haben. Die Wissenschaftler werden mit Autoren der Kerngruppe, die sich zu den jeweiligen Fragen äußern möchten, zu Vortrags-Tandems zusammengeschaltet – auf jede theoretische Intervention folgt somit ein literarisch basiertes Statement.
Eine Veranstaltung des Netzwerks Richtige Literatur im Falschen in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein und Ver.di am 19./20. September 2019 im DGB-Haus (Schwanthaler Str. 64) in München. Nähere Informationen finden Sie hier.